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Reichweitenangst


NachhaltigBewegt.de

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Gerade erst hat die Bundesregierung in Deutschland ein kräftiges Konjunkturpaket beschlossen. Insgesamt 9.000 statt der bisher schon immensen 6.000 Euro sollen Käufer von Elektro-Autos erhalten. Und doch stehen viele Autofahrer der Elektromobilität skeptisch gegenüber. Das Hauptargument: Die Reichweite sei noch zu gering. Das Phänomen hat einen Namen – Reichweitenangst. Was ist dran?

 

Der erste Anlauf

Für Elektromobilität habe ich mich schon seit vielen Jahren interessiert. Vor gut dreieinhalb Jahren war nach Ablauf eines Leasing-Vertrags ein neues Fahrzeug fällig. Damals hat mir der Hyundai IONIQ Elektro sehr gut gefallen. Tesla war für mich zwar der absolute Favorit. Doch das Tesla Model 3 war noch nicht auf dem Markt und ein Model S bewegte sich außerhalb meiner Preisklasse.

Der IONIQ war dann auch das erste Elektro-Fahrzeug, das ich nach gut 15 Jahren in Verbrennern probegefahren bin. Ich war sofort begeistert: Tolle Ausstattung, gute Verarbeitung, angenehmes Fahrgefühl. So leise. Und dieses Drehmoment bei jeder Geschwindigkeit!

Doch: Was ist mit der Reichweite? Auf die Herstellerangabe kann man ja eh nichts geben. Ob das realitätsnähere WLTP– oder das alte NEFZ-Verfahren – die Werte werden unter idealen Bedingungen ermittelt und sind in der Realität praktisch nie erreichbar. Das gilt für E-Autos genauso wie für Autos mit Verbrennungsmotor. Wird das Wetter kälter, sinkt die Reichweite insbesondere bei Autos mit Akku nochmal rapide.

Das gute Erlebnis von der Probefahrt weicht Bedenken: Was, wenn ich mal eine längere Strecke im Winter fahren muss? Reicht der Akku? Wo kann ich eigentlich laden? Welche Ladestationen gibt es? So viele Steckertypen… Wie lange dauert das Laden da wohl?

Am Ende der Recherche wurde es damals ein Verbrenner. Die Reichweitenangst war zu groß.

 

Der zweite Anlauf

Drei Jahre weiter ins hier und heute: Nach viel Überlegen und Abwägen wurde ein Tesla Model 3 bestellt. In der Long Range Version (WLTP: 560 km). Die Standard Range Plus (SR+) Variante erschien mir zwar preislich deutlich attraktiver. Doch die Reichweitenangst spielte wieder mit. In der Tiefgarage des Gebäudes, in dem ich wohne, gibt es auf absehbare Zeit keine Möglichkeit, ein Elektroauto zu laden. Nicht mal eine normale Haushaltssteckdose ist in vorhanden. Also ging ich auf Nummer sicher und wählte die Version mit dem größeren Akku. Selbst im Winter sollten damit 350 km gut möglich sein. Genug für meinen täglichen Arbeitsweg, Ausflüge und Puffer für die Suche nach einer Ladestation.

Nun, nach knapp 3 Monaten mit dem Tesla stelle ich fest: Die Reichweitenangst war völlig unbegründet. Warum? Dafür gibt es gleich mehrere Gründe.

 

Elektrisch fahren ist anders.

Mit einem Elektroauto hat man ein anderes „Tankverhalten“ als mit einem Verbrenner. Die meisten, die ich kenne, tanken ihren Verbrenner bis zum Anschlag voll (mehrmaliges Nachzapfen darf nicht fehlen) und fahren ihn nahezu leer. Es stimmt natürlich, dass das auch damit zu tun hat, dass es ein dichtes Netz an Tankstellen in Deutschland gibt. Aber mal ehrlich: So einen Ausflug zur Tankstelle habe ich auch gemieden, so gut es ging. Ein Elektroauto hingegen sollte man weder ganz leer fahren, noch „volltanken“ – den Akku schont man am besten, indem man nicht unter 20% und nicht über 80-90% lädt. Das braucht man aber auch gar nicht, denn das Konzept lautet: Lade, wann immer es geht. Wenn Du eine Lademöglichkeit zu Hause hast: Perfekt! Heimkommen, Kabel anstecken, fertig. Das ist ein Aufwand von 10 Sekunden. Ein Tankstellenbesuch dauert länger. Aber auch, wenn Du zu Hause nicht laden kannst:

Das Netz an Ladestationen wird ständig dichter. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels listet das Stromtankstellen-Verzeichnis von GoingElectric.de über 20.000 Ladestandorte mit über 57.000 Ladepunkten in Deutschland. Du kannst bspw. auf der Arbeit oder in der Nähe Deines Büros laden? Prima! Doch auch beim Shopping oder dem Wocheneinkauf in der Stadt gibt es meist Ladesäulen in der Nähe. Auch bei einem Ausflug kann man gezielt einen Ausgangspunkt mit Ladestation wählen. Ein kurzer Blick ins Stromtankstellen-Verzeichnis genügt zur Planung. So nutzt Du die Zeit beim Laden ganz effizient, denn Du wartest nicht auf den Abschluss des Ladevorgangs. Und wenn es doch mal schnell gehen muss:

High Power Charging (HPC) setzt sich durch. Damit lädst Du aktuell mit bis zu 350 kW – und somit ist Dein Akku entsprechend schnell wieder voll. Immerhin 14% der Ladepunkte bieten laut GoingElectric.de derzeit 43 kW Leistung oder mehr. Im Zeitverlauf sieht man sehr deutlich, dass die Anzahl zügig ansteigt. Das ist gut, denn nicht nur für das schnelle Laden zwischendurch, sondern auch auf der Langstrecke ist HPC hilfreich.

Entlang der Autobahnen findest Du viele Schnelllade-Stationen. Tesla hat es mit seinem eigenen Supercharger-Netzwerk vorgemacht. Das Fahrzeug plant im integrierten Navigationssystem Deine Route so, dass Du nie mit leerem Akku stehen bleibst. Doch auch andere Anbieter ziehen nach, sodass lange Strecken mit E-Autos kein Problem mehr sind. Spätestens nach 2-3 Stunden machen auch die meisten Verbrenner-Fahrer eine Pause an der Raststätte. Genügend Zeit, um in wenigen Minuten Dein Elektrofahrzeug wieder mit ausreichend Strom für die nächste Etappe zu versorgen.

 

Zeit für Reichweitenmut!

Meine Erfahrung der letzten drei Monate zeigt, dass meine Reichweitenangst völlig unnötig war. Während ich in den ersten Wochen noch jede Lademöglichkeit genutzt habe, bin ich mittlerweile ganz entspannt unterwegs und lade, wenn es passt. Man muss sich klar machen, dass die gewohnten Verhaltensweisen, die bei einem Verbrenner richtig waren, bei einem Elektroauto nicht mehr passen. Die hier oben beschriebenen „Tankregeln“ lassen Dich aber entspannt und mit vollem Akku ans Ziel kommen.

 

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3 Kommentare


Empfohlene Kommentare

Reichweitenangst- es nervt nur noch! Wenn die Leute mal realistisch wären und darüber nachdächten wie oft sie weite Strecken fahren, kämen sie auf den Gedanken sich dazu ein Auto zu leihen!?

C.

bearbeitet von Fiftyfifty
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Am 17.11.2023 um 13:08 schrieb Fiftyfifty:

Reichweitenangst- es nervt nur noch! Wenn die Leute mal realistisch wären und darüber nachdächten wie oft sie weite Strecken fahren, kämen sie auf den Gedanken sich dazu ein Auto zu leihen!?

C.

Reichweitenangst ist das falsche Wort. Man kann die Reichweite ja gut einschätzen und sonst lödt man halt, ist alles ok.

Aber für mal längere Strecken darf es schon etwas mehr Akku und auch mehr Ladeleistung sein. Ich hatte auch mal so ein Model 3 Long Range Bj22 mit 76kWh netto und bis 250kW Ladeleistung. Wunderbar, passt alles.

Jetzt Citroen e-C4 mit 45kWh netto und damit wurden sogar die 240km zur Familie neulich schon etwas nervig wo der Regen in Schnee überging. Hinweg zwar durchgefahren (4 Grad Regen), aber da musste ich schon weite Strecken unter 100 fahren, damit das passt und das war jetzt nicht so überzeugend .

Auf dem Rückweg dann nicht ganz voll gestartet, nachladen geht ja schnell...aber in der Preisklasse dann doch nur 100kW, die hier maximal 50kW und zum Ende 30kW wurden, weil es im realen Leben natürlich nicht warm genug war und wir hatten den Akku auch nicht auf 5% runter gefahren, sondern mit 45% angesteckt, weil dieser Ort für uns besser passte. Wobei uns mit Kleinkind durchfahren mit 120 am besten gepasst hätte.

Hab daher bis 78% geladen, dachte dann kann ich die letzten 137km ja flott mit viel Heizung durchfahren...aber da hatte ich die Rechnung ohne den in Schnee übergehenden Regen gemacht.

Hatte zum Glück Unterstützung durch ABRP, die App kalkuliert den Ladestand bei Ankunft und wie lange man wo laden muss....was der Tesla von Haus aus mitbrachte musste ich hier aber mit 5€/Monat im Abo erkaufen und die Verbindung zum Auto erst noch über ein Bluetooth OBD Dongle herstellen, was insgesamt einfach nicht an den Komfort vom Tesla ran kommt.

Naja, ABRP stellte dann nach einer Weile klar, dass wir noch eine weitere Ladung brauchen werden wenn wir nicht trotz 95km/h Schleicherei mit schwankenden Prognosen unter 5% ankommen wollen und da hätte ich dann tatsächlich Reichweitenangst, das wöre purer Stress und das sage ich mit über 8 Jahren Elektroauto Erfahrung.

Klar, mit den Tesla funktioniert das slles viel  besser, aber der war auch nochmal 20.000€ teurer und auch der Citroën war nach Förderung noch 12.000€ teurer als unser teuerster Verbrenner, der dazu noch als Kombi einen familienfreundlichen Kofferraum mitbringt und Anhänger ziehen kann.

Nicht falsch verstehen, ich liebe den Citroën und will den >10 Jahre behalten, der fährt total schön und erfüllt auch alles wofür er vorgesehen war.

Aber wenn unser Kombi mal einem Elektroauto weicht, dann sollte das mindestens 60kWh netto, mehr Ladeleistung, eine Akkuheizung, die man auch manuell aktivieren kann, damit man nicht mit kaltem Akku an den HPC kommt, einen familientauglich Kofferraum und eine echte Ahk haben und ich will auch kein SUV Schlachtschiff.

Denke mlt dem Model 3 mit kleinem Akku könnte es passen. Das ist eigentlich mehr Geld als ich ausgeben will und eigentlich hätte ich für so viel Geld auch den 76er Akku erwartet, aber ich könnte es und es würde wohl alles halbwegs funktionieren. Ich denke aber, dass die Masse weder zu den immer noch vorhandenen Einschränkungen bereit ist, noch sich ein >40.000€ Auto leisten kann.

Auto für längere Strecken mieten - ne, auf keinen Fall. Wir haben und brauchen 2 Autos, die müssen nicht beide Langstreckenmonster sein, aber zumindest mit einem müssen auch Langstrecken passabel funktionieren. Das darf auch länger dauern als mit einem Verbrenner, aber sollte In einem gewissen Rahmen bleiben. Wenn man ständig noch Fahrzeuge anmieten muss, ist das für mich ein eindeutiges Zeichen, das falsche gekauft zu haben. Es sei denn man hat selbst gar keins, das kann ja auch ein Konzept sein. So für trendige Singles oder Paare in der Stadt wo das ins Leben passt. Für uns als zwei Arbeitnehmer mit Kind im Speckgürtel ist es nichts. Und selbst als Single würde ich ein Auto haben , weil mein Hobby nicht ohne funktioniert. Und ein Motorrad noch dazu.

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Es ist auch das deutsche Pressewesen das lieber über eine brennende Batterien berichtet als über die Errungenschaften der E-Mobilität. Und das von Anfang an ! So auch die Politik weiterhin sponsored by deutsche Autoindustrie ist.
Ich bin 8000 Kilometer durch das Baltikum und Skandinavien mit einem Elektro Motorrad gefahren. Lettland, Estland, Finnland, Norwegen, Dänemark und zurück nach Nürnberg. Es gibt hier in Deutschland Menschen die mich dafür angreifen. Ich hätte das niemals gemacht ! Nur mit dem Anhänger ! .. und dies richtig Aggressiv.
Ich habe die E-Landschaft nun in diesen Ländern gesehen und die Begeisterung dafür. Europas Spitzenreiter bei der Elektromobilität ist Norwegen: Zahlen der norwegischen Verkehrsbehörde OFV zufolge waren im letzten Jahr 2023 83 Prozent aller Neuzulassungen Stromer. Gesamt fahren auf Norwegens Straßen 51 Prozent reine Elektro-Pkw. Zum Vergleich: In Deutschland liegt der Anteil der reinen Batterie-Pkw bei rund zwei Prozent. Nochmals 2 % !!
und hier blubbern sie immer noch über Reichweitenangst ;) ... meine Reichweite beträgt nur ca 150 Kilometer. Aber, nicht ein einziges mal in den Tiefen des Lapplandes hatte ich Angst keine Ladesäule zu finden. .. Eines stimmt, es gibt dort kaum Typ2 Säulen sondern nur noch CCS Schnellladesäulen ;)

Dieses Jahr fahre ich um Island...

ACDC BIKE @ NORWAY III.jpg

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