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Elektroauto ZOE

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Stephan

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100% Akkuladung

Über Irrationalität im technischen Bereich oder warum ich den Akku meiner ZOE immer lade, wie es gerade passt und mir dabei keine Sorgen mache.

Meine Güte, hab ich hier lange nichts geschrieben! 10 Monate seit meinem letzten Artikel. Die ganze Welt wird gerade umgekrempelt, aber was die  ZOE betrifft – sie fährt und fährt ohne Probleme. Deshalb gab es auch diesbezüglich nichts zu berichten.

Natürlich haben wir unseren Sommerurlaub wieder in Österreich verbracht und natürlich sind wir da mit der ZOE hingefahren. Nichts Neues zu vermelden, außer dass die kostenlosen Lademöglichkeiten unterwegs nun langsam aussterben.

Das dazu, und nun zu einem Thema, das in schöner Regelmäßigkeit immer wieder diskutiert wird:

Akkuschonende Ladefenster

Was ist das überhaupt? Dazu zunächst ein paar basics:

Akku-Alterung

Alles Irdische ist vergänglich, auch Akkus altern. Zum einen kalendarisch, also mit der Zeit, zum anderen durch Beanspruchung, also durch Laden und Entladen. Wie macht sich das bemerkbar? Durch immer geringer werdende nutzbare Kapazität. Nach ein paar Jahren hat ein Akku also nicht mehr seine ursprünglichen 100%, sondern weniger.

Die kalendarische Alterung kann man nur bedingt beeinflussen, aber bei den Ladezyklen sind akkuschonende Maßnahmen möglich. Grundregel hier: den Akku möglichst nie ganz voll (100%) laden und nie ganz leer (0%) fahren.

Der BMS-Trick

Das Batteriemanagementsystem (BMS) in Elektroautos sorgt automatisch dafür, dass Ladungen nie bis zu 100% und Entladungen nie bis zu 0% erfolgen. Der Trick ist einfach: Die echte Kapazität des Fahrakkus wird gar nicht freigegeben, sondern oben und unten gibt es jeweis eine Pufferzone, die verhindert, dass ganz voll geladen und ganz leer entladen werden kann. Das BMS regelt vorher jeweils ab.

Im Fahrzeug selbst wird für alle Anzeigen nur die nutzbare Kapazität (also ohne die Puffer) zu Grunde gelegt. Wenn da also 100% im Display steht, sind es in Wirklichkeit keine 100% (sondern weniger), und wenn da 0% steht, ist der Akku noch nicht wirklich leer.

Wie groß diese Puffer sind, hängt von der Akkuchemie und damit vom Hersteller und wahrscheinlich auch von der verbauten Bruttokapazität ab.

20/80

Nun hört und liest man immer wieder Tipps, die darauf hinauslaufen, selbst diese freigegebene Akkukapazität nicht voll auszunutzen, „um den Akku zu schonen“. Ein gängiger und offenbar von vielen Leuten beherzigter Tipp ist z. B., dass man nur bis max. 80% laden und nur bis min. 20% entladen sollte. Solche Beschränkungen beim Laden nennt man „akkuschonende Ladefenster“.

Beim Blick aus dem Fenster sieht man nicht die ganze Welt, sondern nur einen Ausschnitt. Beim Laden innerhalb eines Ladefensters nutzt man nicht die volle nutzbare Kapazität, sondern nur einen Teil davon.

Bringt das wirklich den erhofften Effekt?

Dazu ein paar Grundsatzüberlegungen.

Verzicht und Hoffnung

Laden nur bis 80% und Entladen nur bis 20% bedeutet, „oben“ und „unten“ jeweils 20% eigentlich nutzbare Kapazität nicht zu nutzen. 40% Kapazität liegen dann praktisch brach. Das ist fast die Hälfte vom Akku!

Es läuft also darauf hinaus, dass jemand, der/die den Fahrakku immer zwischen 20 und 80% hält, dadurch von vornherein auf 40% Kapazität verzichtet. Warum? In der Hoffnung, den Akku langsamer altern zu lassen. Was offensichtlich auf der Annahme basiert, die durch sorgloseres Laden zusätzlich verursachte Alterung würde im Nutzungszeitraum zu einem mehr als 40%igen Kapazitätsverlust führen. Sonst hätte es ja keinen Sinn, sich derart einzuschränken, oder?

Diese Annahme halte ich für extrem unrealistisch, wenn man sich Berichte langzeitgenutzter Fahrakkus ansieht.

Keine Frage und zwei Fragen

Keine Frage ist es, ob ein Akku durch schonenderes Laden in einem Ladefenster weniger stark altert. Das ist der Fall.

Eine sehr wichtige Frage ist aber: Reduziert das die Alterung so sehr, dass der freiwillige Verzicht auf 40% Kapazität dadurch irgendwann mal tatsächlich mehr als ausgeglichen wird?

Und die nächste Frage wäre: Wenn ich mit 60% der Nennkapazität eines Akkus im Alltag auskomme, täte es dann nicht auch ein kleinerer Akku?

Sparen & Fahren

Ich könnte mir vorstellen, dass es für das gesparte Geld (kleinerer Akku gegenüber 40% größerem) in 10 Jahren (angenommener Nutzungszeitraum) mindestens einen gleichwertigen Ersatzakku geben wird. Wahrscheinlich wird man dann für die gleiche Kapazität sogar deutlich weniger hinlegen müssen.

Insgesamt und speziell finanziell wäre es daher meiner Meinung nach klüger für alle, die mit 60% Akkukapazität im Alltag auskommen würden, statt dessen einen kleineren Akku zu nehmen. Das so gesparte Geld (Differenz zum größeren Akku) lässt sich z. B. grün anlegen. Das ist erstens viel nachhaltiger, zweitens viel cooler und drittens finanziell attraktiver als 40% wertvolle Ressourcen einigermaßen sinnlos – da ungenutzt – durch die Gegend zu kutschieren, nur um irrationale Akkudegradationsängste zu kompensieren.

Bewertung

Bei der Bewertung der Sinnhaftigkeit freiwilliger Kapazitätskasteiung in 40%-Größenordnung geht es mir um eine quantitative Einschätzung. Es reicht mir nicht, zu lesen oder zu hören, dass irgendetwas dem Akku „gut tut“ oder „nicht gut tut“. Ich möchte genauer beziffert haben, was das denn konkret bedeutet. Dann kann ich vergleichen, ob die erwartbare Verschlechterung durch sorgloses Mir-doch-egal-das-BMS-wird-es-schon-regeln-Ladeverhalten wirklich so gravierend ist, dass es sich in der Gesamtbetrachtung lohnt, sich von Anfang an auf ein 60%-Ladefenster zu beschränken.

Es leuchtet mir nicht ein, aus Angst vor späterem Kapazitätsverlust von vornherein auf viel mehr Kapazität zu verzichten als realistischerweise durch Sorglos-Laden-Alterung überhaupt und viel später und spürbar verloren gehen kann. Da stimmen die Verhältnisse nicht.

Ladeverluste

Betrachten wir noch kurz die Ladeverluste, die bei gealterten Akkus größer sein können. Mit Ladeverlusten meine ich die Differenz der Energiemenge, die für eine Ladung am Zähler ablesbar ist, zu der Energiemenge, die tatsächlich als später nutzbar im Akku gespeichert werden kann.

Da muss man auch genau hinschauen und mal rechnen: Wie groß sind die höheren (durch Sorglos-Laden verursachten) Ladeverluste denn konkret, wie viele Stunden betrifft das insgesamt, wieviel kWh kommen da an Ladeverlusten zusammen? Dann können wir auch da wieder vergleichen.

Meine Vermutung ist: Es wird sich am Ende als preiswerter und ressourcenschonender erweisen, diese Ladeverluste einfach hinzunehmen, statt einen 40% größeren Akku herzustellen, zu kaufen und dann nur mit 60%igem Ladefenster zu betreiben.

Aufwand

Die Einhaltung von Ladefenstern erweist sich im Alltag zudem oft kompliziert, weil nur wenige aktuelle E-Autos eine entsprechende Begrenzung beim Aufladen (durch Vorgabe einer Zielkapazität) ermöglichen. Auch Wallboxen können das nicht direkt regeln, da AC-Wallboxen über Typ2 keine Informationen zum Ladestand des Fahrzeugakkus übermittelt bekommen können.

Jetzt kann man mit einigem Aufwand, Stoppuhr und Erfahrung beim Laden Zeitvorgaben machen, man kann sich diesen ganzen Driss aber auch sparen.

Fazit:

Ich lade vollkommen entspannt, wie es mir gerade passt. Der Akku altert so oder so, aber wird niemals, so lange ich ihn nutze, so viel Kapazität verlieren, wie ich durch etwaige Beschränkungen beim Laden gar nicht erst nutze.

OK, meine ZOE ist geleast und der Akku ist gemietet. Aber bei einem Kaufakku würde ich es nicht anders handhaben, siehe Sparen & Fahren oben. ?

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